Eine Frau in dem überwiegend von Männern dominierten Beruf des Brenners ist noch immer eine Rarität. Eine, die genau dort in der 1. Liga mitspielt, ist Birgitta Schulze van Loon (vorher Birgitta Rust) – das beweist sie mit ihren Piekfeinen Bränden. Obstbrände, Obst- und Nussgeiste, Liköre, Bitter, Single-Malt-Whisky, Gin und Rum stellt sie mit Herz und Hand in ihrer Manufaktur in Bremen her.
about-drinks sprach mit Birgitta Schulze van Loon im Interview über ihre Ausbildung, ihre Bremer Brennerei, die Produkte sowie die Pläne für die Zukunft.
Liebe Frau Schulze van Loon, Sie haben Ihre Leidenschaft für Brände zum Beruf gemacht. Wie genau sah der Weg aus?
Birgitta Schulze van Loon: War es bei mir am Anfang eher das private Interesse an der Vielfalt der unterschiedlichen Aromen feiner Obstbrände, so entwickelte sich daraus mit der Zeit der Wunsch, das diffizile und umfängliche Handwerk des Obstbrennens professionell zu erlernen.
Diesen Wunsch habe ich in die Tat umgesetzt und eine zweijährige Ausbildung zum Brenner an der Bayrischen Landesanstalt für Wein- und Gartenbau in Veitshöchheim unter der Federführung des bayrischen Ministeriums für Landwirtschaft und Forsten erfolgreich absolviert. Seitdem bin ich stolzer Besitzer des Gesellenbriefes. Darüber hinaus habe ich mein Wissen durch intensive Praktika bei Spitzen-Brennereien im Schwarzwald, in Südtirol und in Österreich ständig erweitert. In diesem überwiegend von Männern dominierten Beruf bin ich eine der ganz wenigen Frauen, die dieses Handwerk beherrschen und ausüben.
Als „gelernte“ Diplom-Kauffrau fiel es mir nicht schwer, einen fundierten und langfristig angelegten Geschäftsplan für mein Unternehmen zu erstellen. Am Europahafen in der Bremer Überseestadt fand ich den optimalen Standort für meine gläserne Manufaktur.
Also ein Beruf, der immer noch von Männern dominiert wird?!
Birgitta Schulze van Loon: Ja genau. Es ist ein körperlich harter und gefährlicher Job. Ich selbst habe schon einen schweren Arbeitsunfall hinter mir (Verätzungen und Hauttransplantationen). In fünf Jahren habe ich so viel Muskeln bekommen, dass sich meine Konfektionsgröße geändert hat. Mittlerweile habe ich der Produktion Hilfe von starken Männern.
Am 11.11.2011 um 11:11 Uhr haben Sie in Bremen die erste Brennerei für Premium-Brände eröffnet. Wie ging es seitdem weiter?
Birgitta Schulze van Loon: Die Bereitschaft im Norden, mir eine Chance in diesem von den südlichen Bundesländern dominierten Bereich zu geben, war groß. Denn regionale Produkte werden mittlerweile vorgezogen. Dabei habe ich auch mit Qualität überzeugt, welches durch diverse Preise bei Degustations-Wettbewerben unterstrichen wurde. Ich habe mich an die Top-Gastronomie gewandt und fand Einzug in 3-Sterne-Restaurants, wie das La Vie oder das Aqua. Ebenso wurden Feinkostgeschäfte wie Oschätzchen in HH aufmerksam. Mittlerweile habe ich sechs Mitarbeiter und beliefere ganz Deutschland, wobei der Schwerpunkt aber noch auf Norddeutschland liegt.
„Piekfeine Brände“ – was genau bedeutet das?
Birgitta Schulze van Loon: „Piekfein“ ist norddeutsch und steht für exquisit oder erlesen.
Warum unter dem Namen Birgitta Rust?
Birgitta Schulze van Loon: Weil das zu dem Zeitpunkt mein Name war. Ich habe vor zwei Jahren erneut geheiratet und heiße nun Schulze van Loon.
Gibt es Besonderheiten bei der Herstellung der „Piekfeinen Brände“?
Birgitta Schulze van Loon: Nur hochwertiges, vollreifes Obst wird verarbeitet – kein Fallobst. Es erfolgt eine kontrollierte Vergärung unter Säureschutz und Sauerstoffausschluss. Dazu kommt die wesentlich energie- und zeitaufwendigere doppelte Destillation nach dem Rau- und Feinbrandverfahren. Auch die sehr genaue Abtrennung von Vorlauf (Methanol) und Nachlauf (Fuselöle) ist besonders. Das Herzstück, also der Mittellauf (Ethanol), ist sehr klein.
Welche Produkte umfasst Ihr Portfolio?
Birgitta Schulze van Loon: Obstbrände, Obst- und Nussgeiste, Liköre, Bitter, Single-Malt-Whisky, Gin und Rum.
Seit diesem Herbst ergänzt der Rum Alma Norte Ihr Sortiment. Beschreiben Sie uns das Produkt: Was ist das Besondere?
Birgitta Schulze van Loon: Rum stammt fast immer aus Übersee, da es hier kein Zuckerrohr gibt. Rum kann direkt aus dem Zuckerrohrsaft oder aus der Zuckerrohrmelasse erzeugt werden. Letzteres habe ich mir aus Guatemala besorgt. Neben der normalen Vergärung spielt bei dem Rum noch ein bestimmter Fermentationsprozess eine Rolle, um diese floralen Noten zu bekommen. Der Rum ist dann hauptsächlich in first fill Rumfässer aus Martinique gekommen. Ein kleines Fass ist zurzeit mit einer Spedition unterwegs und geht in Thailand an Bord der MS Europa.
Passend zu Weihnachtszeit gibt es jetzt einen neuen Premiumlikör. Erzählen Sie uns davon!
Birgitta Schulze van Loon: Ja, meinen Orangenlikör. Die für diesen Orangenlikör verwendeten Orangenschalen von voll ausgereiften Orangen werden zum Mazerieren in Alkohol eingelegt. Hierbei entzieht kalter Alkohol den Orangenschalen langsam das Aroma.
Daran anschließend erfolgt die Destillation, wodurch ein hochprozentiges Destillat entsteht. In den weiteren Herstellungsphasen entsteht daraus mit Zucker, Wasser und unserem hauseigenen Single-Malt-Whisky der Likör.
Verfeinert ist die Weihnachtsedition 2016 mit den typischen Lebkuchengewürzen wie Zimt, Piment, Anis, Sternanis, Muskatnuss, Ingwer, Kardamom, Fenchel und Gewürznelken. Dieser Likör eignet sich neben dem puren Genuss auch „on the rocks“ sowie als Bestandteil von Cocktails und als Verfeinerung von Desserts.
Über welche Distributionswege werden Ihre Produkte vermarktet?
Birgitta Schulze van Loon: Die Produkte werden über diese Wege vermarktet:
- Direkte Belieferung von Fachhändlern (Feinkostgeschäfte, Spirituosen- und Weinfachgeschäfte)
- Direkte Belieferung von Gastronomen
- Indirekte Belieferung von Gastronomen über Großhändler
- Online-Shops
- Abverkauf im eigenen Manufakturladen
Wie geht es weiter? Haben Sie schon weitere Pläne im Kopf?
Birgitta Schulze van Loon: Ein fassgelagerter Roggenkorn ist in Planung. Ebenso gibt es erste Pläne, den Betrieb zu vergrößern. Wobei der Manufakturgedanke auch weiterhin im Vordergrund steht.